Compliance ist längst nicht mehr nur eine Frage gesetzlicher Vorgaben – sie entwickelt sich zunehmend zu einem Wettbewerbsvorteil. Plattformen für Nachhaltigkeitsinformationen gewinnen an Bedeutung, wenn es darum geht, Unternehmen im Markt sichtbar zu machen. Doch warum sollten Unternehmen in ein Hinweisgebersystem oder die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) investieren, wenn sie rechtlich dazu nicht verpflichtet sind? Darüber sprechen wir mit Matthias Haßler, Geschäftsführer von Ratisbona Compliance aus Regensburg.
Herr Haßler, viele Unternehmen sehen Compliance-Maßnahmen wie Hinweisgebersysteme oder Sorgfaltspflichten in der Lieferkette primär als regulatorische Pflicht. Warum lohnt sich die Umsetzung solcher Systeme auch für Unternehmen, die gesetzlich nicht dazu verpflichtet sind?
MH: Das ist eine sehr wichtige Frage. Natürlich ist die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben der erste Beweggrund für viele Unternehmen. Es zeigt sich aber immer stärker, dass Compliance ein echter Wettbewerbsvorteil sein kann. Unternehmen, die ihre nachhaltige und ethische Unternehmensführung sichtbar machen, erhöhen ihre Chancen auf nachhaltige Geschäftsbeziehungen mit großen Konzernen oder international tätigen Kunden. Denn diese legen zunehmend Wert darauf, dass ihre Geschäftspartner hohe Standards einhalten – unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung.
Welche weiteren Vorteile bringt es, in Nachhaltigkeitsplattformen gelistet zu sein?
MH: Unternehmen, die in Nachhaltigkeits- und Compliance-Ratings gut abschneiden, werden bevorzugt für Ausschreibungen ausgewählt. Zudem steigert eine solche Positionierung das Vertrauen von Investoren, Geschäftspartnern, Mitarbeitern und nicht zuletzt Kunden.
Können Sie ein Beispiel aus der Praxis nennen, bei dem sich ein solches Engagement ausgezahlt hat?
MH: Ja, wir haben bereits einige Kunden, die durch die Implementierung eines Hinweisgebersystems oder die Einhaltung des Lieferkettengesetzes entscheidende Geschäftsmöglichkeiten erhalten haben. Ein mittelständischer Zulieferer aus dem Maschinenbau beispielsweise konnte durch eine entsprechende Zertifizierung einen wichtigen Auftrag bei einem internationalen Konzern gewinnen. Der Konzern verlangte ein aktives Hinweisgebersystem sowie klare Prozesse zur Lieferantenüberprüfung. Ohne diese Maßnahmen wäre das Unternehmen aus dem Bewerbungsprozess ausgeschieden. Das zeigt: Solche Investitionen zahlen sich langfristig aus.

„Es zeigt sich immer stärker, dass Compliance ein echter Wettbewerbsvorteil sein kann.“
Matthias Haßler
Welche Rolle spielt die Reputation in diesem Kontext?
MH: Eine sehr große. Unternehmen, die proaktiv Transparenz und Compliance nachweisen können, genießen einen besseren Ruf. Gerade in Zeiten von Social Media kann ein Compliance-Verstoß oder ein Mangel an Transparenz schnell zu einem Imageschaden führen. Unternehmen, die sich frühzeitig um robuste Compliance-Strukturen kümmern, minimieren nicht nur Risiken, sondern stärken auch ihr positives Image als vertrauenswürdiger Partner.
Welche ersten Schritte empfehlen Sie Unternehmen, die sich mit der Thematik befassen wollen?
Zunächst sollte eine Bestandsaufnahme erfolgen: Welche Compliance-Maßnahmen gibt es bereits im Unternehmen, und wo gibt es Lücken? Danach ist es sinnvoll, ein vertrauliches Hinweisgebersystem zu implementieren. Damit signalisieren Unternehmen, dass sie ernsthaft an Integrität und Transparenz interessiert sind. Zudem lohnt es sich, sich mit Nachhaltigkeitsplattformen auseinanderzusetzen und die Zertifizierungsmöglichkeiten zu prüfen. Wir unterstützen bei diesen Prozessen gerne mit praxisnaher, fachlicher Beratung.
